Ein XXL-Konzert für die Vielfalt
Fünf Kinderchöre und drei Erwachsenenchöre haben sich am 6. Juli 2024
zusammengefunden, um gemeinsam zu konzertieren – und entsprechend lange dauert es zu Beginn des Abends, bis auch die letzten Kinder ihren Platz im Chorraum der bis auf den letzten Platz besetzten Gustav-Adolf-Gedächtniskirche gefunden haben. Über einhundertfünfzig Mitwirkende drängen sich schließlich auf den Stufen und dem Podest, umringen eine Reihe von Instrumentalist*innen im Altarraum.
Dabei beginnt der Abend ganz leise und intim: Die mittlerweile in Innsbruck lebende Nürnberger Komponistin und Musikpädagogin Kristina Glücker macht den Auftakt mit »Soulgarden«, einem eigenen Werk für ein ungewöhnliches Instrument. Nur begleitet von Querflöte, Harfe und Kontrabass füllt sie den Kirchenraum mit den ätherischen und zugleich perkussiven Klängen ihrer Handpan.
Nachdem unter großem Applaus die beiden Leitungen des Abends, Heike Henning und Maximilian Mauder das Podium betreten haben, sind im anschließenden »Pie Jesu« von Andrew Lloyd Webber die beiden Gesangssolist*innen des Abends zu hören: Sopranistin Marlene Mild und Bass-Bariton Daniel Dropulja interpretieren diesen modernen Klassiker präzise und wohltuend frei von Pathos. Danach haben aber endlich die Kinder das Wort. »Dona nobis pacem« – »Gib uns Frieden«, ein wunderschön und ergreifend intonierter Chorsatz der Amerikanerin Mary Lynn Lightfoot, aber auch ein Wunsch der aktueller ist denn je und zum roten Faden des Konzertprogramms wird.
Gemeinsam mit den Erwachsenen bringen sie anschließend »Adiemus« von Karl Jenkins zu Gehör, ein Werk für Chor und Orchester, dessen lautmalerischer Text und pulsierender Rhythmus von Freiheit und Weite träumen lässt. Dem folgt konsequent »Baba Yetu«, in dem Christopher Tin, ebenfalls im weltmusikalischen Modus, das Vater Unser auf Kisuaheli vertont hat: Die versammelten Chöre und Instrumentalisten musizieren mitreißend und setzen einen echten Glanzpunkt, bevor das Hauptwerk des Abends erklingt.
John Rutters »Mass of the Children« ist ein komplexes und technisch anspruchsvolles Werk für Kinderchor, gemischten Chor und Instrumentalisten – und der Grund, der die unterschiedlichen Chöre von Steingaden über Filderstadt bis Regensburg, vom Hans-Sachs-Gymnasium bis zur jungen Buchenbühler Chorgemeinschaft »ConTakt« zusammengeführt hat: Am Anfang stand ein Projekt für intergenerationale und überregionale musikalische Begegnung, aus der dann die gemeinsame Lust erwachsen war, diese musikalische harte Nuss zu knacken. Und die Vorbereitung hat sich gelohnt: Obwohl sie an diesem Tag zum ersten Mal gemeinsam auf der Bühne stehen, entsteht ein mächtiger und homogener Chorklang, wechseln sich klare Kinderstimmen mit brausenden Tutti und fast kammermusikalischen Solopassagen ab, trifft der lateinische Messtext auf eine Zitatmontage englischer Lyrik. Und so wie das Programm begonnen hat, so endet es auch: Nach den großen Gesten, den komplex kombinierten Metren und überraschenden harmonischen Wendungen mündet das Finale der Messe in einen sanften, getragenen Wunsch nach Frieden.
Der überaus gelungene und begeisternde Konzertabend hat den anschließenden nicht endenwollenden Applaus der gut 600 Konzertbesucher mehr als verdient. Vor der unvermeidlichen Zugabe wird das gesamte Projekt sogar noch preisgekrönt: Dem ausrichtenden Nürnberger Chor »ConTakt« wird vom Bundesmusikverband mit der Plakette »Hier klingt’s mir gut« für seine integrative Arbeit geehrt. Man kann sich nur darauf freuen, dass dieses soziale und musikalische Engagement ab Herbst eine Fortsetzung finden wird – die ausnahmslos leuchtenden Augen an diesem Abend sprechen jedenfalls ihre eigene Sprache.